Zurücklassen meiner Hunde in Schweden
Meine Hunde – mein Schmerz
Heute war der Moment gekommen vor dem ich seit Mai 2018 davongelaufen bin. Die Erinnerung an meinen größten Schmerzmoment. Ich wollte diesen Schmerz einfach nur betäuben in 2018 und 2019. Ihn ungeschehen machen. Ihn vergessen. Ich versuchte ziemlich viel, um das zu schaffen. Von plötzlichen Partyexzessen in Hamburg, bis zu meinem Versuch als Workaholic war einiges dabei. Aber der Schmerz holte mich immer wieder ein. Bis ich 2019 auf Arbeit nach einem Kundenbesuch, in meinem Dienstwagen sitzend schließlich zusammenbrach. Ich weinte, schluchzte und spürte die Präsenz des Schmerzes wieder. Ich hatte es für eine kurze Zeit geschafft, ihn in eine Kommodenschublade zu sperren.
Doch da der Schmerz größer war, als die Schublade und ich ihn nicht annahm als ein Teil von mir, der wahrgenommen werden wollte, platzte er in immer unpassenderen Momenten raus und wurde in diesen Momenten auch unkontrollierbar. Somit war mir an dem Tag des emotionalen Breakdowns Mitte 2019 klar, ich schaffe es nicht mehr alleine. Ich brauche Hilfe.
Wie ich mit Hilfe einer Akuttherapie mein Trauma verarbeite.
So kam ich schließlich Anfang 2020 mittels einer Akuttherapie zu meinem Psychotherapeuten. Ich hatte großes Glück, dass er und seine Therapiehündin mir ins Leben gespült wurden und mir nun helfen durch das Tal der Heilung zu gehen. Doch wer Heilung erlangen möchte, der muss erst durch das Tal des Schmerzes schreiten. So sitze ich nun heute hier.
Seit über 10 Monaten gehe ich einmal die Woche zu meiner Langzeittherapie, auf die ich 1 Jahr, nach meiner Akuttherapie, warten musste. Einmal die Woche sehe ich meinen Therapeuten und seine Therapiehündin. Lange haben wir diesen Moment vorbereitet. Sehr viele Menschen entscheiden sich deshalb oftmals dafür nicht den Versuch zu starten sich Hilfe zu suchen, da die Angst größer ist als die Hoffnung, diesen Schmerz nochmal in seiner Intensität durchleben zu müssen. Das war auch mein Grund, dass ich es 1,5 Jahre vor mir herschob, die vergangenen traumatischen Ereignisse mit meinem Alptraummann aufzuarbeiten.
Zu Beginn der Langzeittherapie haben wir mittels eines Zeitstrahls meine Trauma-Landkarte aufgezeichnet. In welchen Momenten liegen meine posttraumatischen Belastungsstörungen begraben? Welche Erlebnisse stufe ich als maximal belastend ein, welche weniger.
Er klärte mich über die EMDR Technik auf, eine Technik, um „Traumafolgestörungen“ zu behandeln. EMDR „…steht für Eye Movement Desensitization and Reprocessing, was auf Deutsch Desensibilisierung und Verarbeitung durch Augenbewegung bedeutet.“ Wer dazu mehr wissen möchte, findet unter diesem Link hier mehr Informationen: https://www.emdria.de/emdr/was-ist-emdr/.
Wir bereiteten diese Technik, wie gesagt, über Monate vor. Bis ich das Vertrauen zu dieser Technik bekam, dass ich damit traumatische Erlebnisse in meinen Erinnerungen emotional auflösen bzw. verändern kann.
„Als nächstes Ereignis auf Ihrer Traumalandkarte nehmen wir uns das vor, was für Sie das am stärksten Belastende war. Was würden Sie von Ihrem Gefühl her sagen, welches das war?“, fragte mich mein Therapeut. Ein Zucken ging durch meinen Körper, meine Muskulatur versteifte sich sofort komplett, Tränen schossen instant in meine Augen. Ich verspürte einen Druck auf meiner Brust, der mir die Kehle zuschnürte und einen dicken Kloß im Hals hinterließ. Ich schaute ihn an und antwortete: „Meine Hunde. Das Zurücklassen meiner Hunde ist von meinem Gefühl her, das schlimmste Ereignis für mich gewesen.“ „Welches Bild kommt Ihnen da sofort in den Kopf, wenn Sie daran denken?“, fragte er mich. Ich antwortete: „Hilda. Meine kleine Hilda. Wie sie an meinem Bein hing, als mein Vater in Schweden ankam, um mich vor Sven zu retten. Der Moment als der Satz in meinen Ohren hallte, den ich immer sagte, das Rudel geht über alles. Ich mich dann für mein Leben entscheiden musste, um das meines Vaters zu retten, da er es sich nie verziehen hätte, wenn mir was passiert wäre, hätte er mich dagelassen. Also musste ich die Entscheidung treffen, für den Moment vor Sven zu fliehen und meine restlichen Hunde bei ihm zulassen. Das hätte ich nie gemacht, wenn mein Vater nicht dort gewesen wäre und mir mit ernstem Ton vorher gesagt hätte, dass ich in Lebensgefahr bin. Das Leben meines Rudels und meiner Hunde war mir immer mehr wert, als mein eigenes. Aber wäre mein Vater danach sein Leben nicht mehr glücklich geworden, weil Sven mir doch noch was angetan hätte, hätte ich mir das auch nie verziehen.“ Und da war er. Der brachiale unkontrollierbare Schmerz. Noch während ich Hildas Namen aussprach schnürte sich meine Brust zu, ich versuchte meine Tränen zu unterdrücken, aber keine Chance. Meine Stimme brach immer wieder weg. Ich bekam kaum einen Ton raus. „Neben Sura konnte ich nur einen weiteren Hund mitnehmen, um vor Sven den Schein zu wahren, dass meine Reise nach Deutschland nur den Grund einer Beziehungspause hat und ich in 14 Tagen zurückkomme und wir über unsere Situation sprechen werden.
Denn mein Vater und ich ließen Sven in dem Glauben, dass Papa die bösen Streits zwischen mir und ihm mitbekommen hat und er sich sorgen um mich macht und mich deshalb erstmal mit nach Deutschland zurücknehmen möchte. Somit wurde ich nun vor eine Wahl gestellt, die das Herz einer Hundemutti nur in 1000 Einzelteile zerbrechen lassen kann. Wer von den restlichen 7 Hunden bekommt den zweiten Platz neben Sura und damit eine sichere Zukunft an meiner Seite in Deutschland und wer bleibt bei Sven zurück.
Was mit meinen Hunden geschah …
… Sven und ich hatten am Ende 12 Hunde. Als ich Sven kennenlernte brachte er bereits 4 Hunde mit in die Beziehung. Cajou, Kacy, Storm und Knöpfchen. Alle kamen aus dem Tierschutz, bis auf Knöpfchen. Cajou war, laut Svens Aussage, sein Seelenhund, unser Chef im Rudel. Ein absolutes Kraftpaket, mit kurzem Fell im orange/rotbraun Ton, am Bauch und an den Läufen war er weiß, seine Augen bernsteinfarbend. Neben Kacy war er unser Leithund beim Schlittenfahren später. Vom Charakter her, war Cajou ruhig und gutmütig. Vor allem aber strotzte er als stattlicher Rüde um die 5 Jahre alt vor Testosteron. Er war nur konsequent, wenn ihm etwas gegen den Strich ging oder er in seiner Ruhe massiv und respektlos gestört wurde von einem anderen Rudelmitglied. Sein Vorgehen war dabei konsequent, aber oftmals zu hart und etwas übertrieben.
Hier kam Kacy ins Spiel. Eine schwarz-weiß melierte Hündin, ähnlichen Alters wie Cajou mit stahl blauen Augen. Eine Schönheit. Kacy war die gute Seele im Rudel. Unsere Mutti. Sie ging dazwischen, wenn Cajou zu übertrieben seine Meinung kundtat oder zu übertrieben maßregelte. Sie schlichtete Streits, bevor sie sich in eine Beißerei entwickeln konnten. Sie sorgte stets für Frieden im Team mit ihrer aufgeweckten, verspielten und sehr souveränen Art. Wenn zwei Hunde bereits so steif vor Spannung sich gegenüber standen und kurz davor waren sich an die Kehle zu gehen, ging sie stolzierend im selbstsicheren Schritt dazwischen und stellte sich mit einem ganz tief knurrenden Ton dazwischen, bis beide Streithähne dann einfach abdrehten und sich wieder hinlegten. Wenn das nichts half, sprang sie einfach wie ein Flummi dazwischen und forderte einen oder beide zum Spielen auf. Sie war wirklich ein außergewöhnlicher Hund. Sie wäre es fast geworden neben Sura, aber ich wollte sie von Cajou nicht trennen. Denn die beiden gehörten einfach zusammen. Kacy war neben Cajou ein Vorzeigeleithund. Sie war einfach außergewöhnlich. Sie sprang als erste in die Luft an der Spitze, wenn das Team nachließ am Schlitten und motivierte so alle wieder Gas zu geben.
Neben Friedensstifter, Motivator und Mutti, war sie aber auch meine Kuscheldecke. Kacy liebte es mit mir auf der Couch zu liegen und für mich als Decke zu fungieren. Sie fehlt mir bis heute wie alle anderen sehr. Der Dritte im Bunde war Storm. Ein schneeweißer Husky und die 3 Jahre alt, mit ebenfalls stahlblauen Augen aus Zypern. Im Kopf, aber Welpe geblieben. Er war unser Spaßvogel im Team. Am Anfang konnte ich gar nicht mit Storm. Da er sich einfach atypisch in vielen Situationen verhielt und er dadurch manchmal unberechenbar für mich war. Bis ich verstanden habe, dass er von sich denkt, dass er ein kleiner verspielter Welpe ist. Am Ende habe ich ihn einfach nur geliebt für seine Blödeleien. Dieser Hund holte sich einen Sonnenstich, wenn man ihn nicht selbst aus dem Sonnenbaden herausholte, er stolperte über seine eigenen Pfoten hundertmal, er hatte nie Bock zum Laufen oder Schlitten ziehen, allgemein Bewegung fand er ätzend und er suchte sich Liegeplätze an den ungewöhnlichsten Orten. Einmal ging ich aus dem Raum, kam wieder, da lag er mit dem Oberkörper auf dem Couchtisch und seine Hinterläufe standen hinten runter. Dieser Hund brachte mich wie Kacy so oft zum Lachen.
Die vierte im Bunde war Knöpfchen. Eine Hündin, gerade mal 1,5 Jahre, schwarz-graues kurzes Fell mit braunen Augen. Knöpfchen und ich hatten einen schlechten Start, da sie sich als einzige so gar nicht mit Sura verstand und die beiden sich immer wieder ins Beißen kriegten. Eifersucht spielte bei beiden in jeglicher Hinsicht eine Rolle. Erst nach der Auswanderung, mit mehr Platz, kehrte Ruhe ein, weil sie sich dann einfach aus dem Weg gehen konnten. Knöpfchen war als einzige aus Svens Truppe aus einer Zucht und ein reines Arbeitstier. Das merkte man auch. Leider wurde sie mit einem Herzfehler geboren, somit war Schlittenfahren für sie tabu. Im Rudel war sie der Schatten von Kacy und liebte sie über alles. Oftmals lagen beide zusammen ineinander gerollt in einem Bettchen. Zu Svens Truppe und meiner Sura kam dann mit der Auswanderung nach Dänemark Kenai und Koda als Welpengeschwister aus einer weiteren Zucht zu uns.
Ich verliebte mich damals in Kenai. All seine Geschwister spielten und rauften. Er lag abseits und schlief. Vom Gemüt war er als Welpe ruhig, total sozial, harmoniebedürftig, vom Äußeren bisschen pummelig, ein Auge blau, das andere braun. Es war bei uns Liebe auf den ersten Blick. Dann rief uns der Züchter ein paar Tage später an, ob wir seinen Bruder Koda nicht auch nehmen wollen würden. Wir stimmten zu. Aus heutiger Sicht, war das ein absoluter Fehler, den ich nie wieder machen würde.
Zwei Rüden aus dem gleichen Wurf gibt meist nur Ärger, sobald die Hormone erwachen. So war es dann auch. Koda unterdrückte Kenai die komplette Zeit im Rudel und versuchte ihm in jedem freien Moment zu zeigen, dass er der Stärkere ist. Kenai wollte einfach immer nur Frieden und unterwarf sich bis zum totstellen jedes Mal. Für Kenai war es wie ein Befreiungsschlag, dass er den Platz neben Sura und an meiner Seite auf ein neues Leben nach Deutschland bekam. Er blühte vollkommen auf.
Von ruhig wurde er lebhaft, seine Harmonie- und Nähebedürftigkeit machte Sura handzahm und für mich wurde er zum absoluten Sportpartner und geborenen Schlittenhund. Nach den Brüdern folgte Lumi. Ein sehr kleiner erwachsener Rüde, schneeweiß mit braunen Knopfaugen aus dem Tierschutz.
Der erste Hund, den Sven mir einfach ohne vorherige Absprache präsentierte, nachdem ich irgendwann mal zu einem Foto von dem Hund süß gesagt hatte. Da hielt Sven ihn im Arm, mit den Worten: „Guck mal, Überraschung.“. Natürlich kannte er mittlerweile meine Liebe zu den Hunden so gut, dass er wusste, wenn ich einen Hund vor der Nase habe, bringe ich es nicht übers Herz, ihn abzulehnen und wieder wegzubringen, nur weil ich damit nicht einverstanden war, dass er mich damit vor vollendete Tatsachen setzte.
Also blieb Lumi alias „Mr. Schredder“. Den Spitznamen bekam er, da er die Angewohnheit hatte, alles zu schreddern, wenn man es wagen sollte ihn mit den anderen Hunden alleine im Haus zu lassen. Ansonsten war Lumi ein totaler Angsthund und ließ sich erst am Ende etwas anfassen. Am Anfang ließ er sich nur betrachten und hängte sich ausschließlich an die Fersen von Knöpfchen und dann auch an Kacy.
Nach Lumi wanderten wir dann weiter nach Schweden aus. Da kam Hilda hinzu. Eine weiße kleine Schwedin mit ebenfalls stahlblauen Augen. Aufgeweckt, verspielt und absolut liebesbedürftig. Sie wurde zu meinem Nesthäkchen. Sie durfte in unserem Bett von Anfang an schlafen, was vorher noch nie ein Hund bei mir durfte. Noch nicht mal Sura. Sie konnte als einzige freilaufen, da sie mir überall hin folgte. Als einzige fauchte sie, als kleinste Maus in Mexico zurück, wenn der große, muskelbepackte, testosterongeladene Cajou sie blöd anmachte und er kuschte dann. Da ist mir damals wirklich alles aus dem Gesicht gefallen. Sie war als Welpe kaum größer, als ein kleiner Chihuahua, also trug ich sie am Anfang fast immer, wenn das Rudel komplett in einem Raum war, aus Angst, einer von den Großen könnte auf sie rauflatschen und sie verletzen.
Irgendwann setzte ich sie runter und siehe da, es zeigte sich, sie konnte sehr gut selbst auf sich aufmerksam machen, dass sie nicht umgerannt wird. Nach Hilda folgten noch drei weitere Hunde, die Sven von irgendwo herholte und mir wie Lumi einfach vor die Nase setzte, ohne es vorher mit mir abzustimmen. Die letzten drei wurden bis zum Schluss vom Rudel nicht akzeptiert und ich konnte auch keine Bindung zu ihnen aufbauen, da alle drei vom Sozialverhalten nicht in unser Rudel passten. Diese Anschaffung vor Sven war allerdings bereits 1 bis 2 Wochen vor dem großen Knall im Mai 2018.
Die Frage, wen nehme ich mit, wen lasse ich da. Als mein Herz zerbrach …
Somit zurück zur Eingangsfrage, welches das belastendste Erlebnis war, meine Babies, mein Rudel, meine Familie zurückzulassen und sich nur für einen weiteren neben Sura entscheiden zu müssen. Denn welche Mutter ist in der Lage zwischen ihren Kindern zu wählen?! Man liebt jedes, auch meist für ihre Macken und speziellen Angewohnheiten. Das hat mir das Herz zerrissen und mich damals gebrochen. Das ist das, was Papa beschreibt, als er in der Doku sagt, er habe ein kleines gebrochenes Mädchen mit nach Hause zurückgenommen. Das ist das was ich war. Aber ich war am Leben und hatte somit noch eine Chance, die Hunde zu einem späteren Zeitpunkt nach Deutschland zu holen, versuchte Papa mir immer wieder verstandesmäßig und aufbauend einzutrichtern.
Ich war jedoch wie eine leblose Hülle zu dem Zeitpunkt. Ich erinnere mich noch genau als wäre es gestern gewesen, was mir das Herz zerriss. Hilda hing mir am Bein. Ich musste meine Maske vor Sven wahren, dass ich bereits wusste, dass er nicht der ist, der er mir vorgegeben hat zu sein. Durfte mir ihm gegenüber nichts anmerken lassen. Ich musste einen zweiten Hund nennen, den ich mitnehme nach Deutschland.
Wenigstens einen weiteren hier raus retten, dachte ich mir damals und legte die Erklärung gegenüber Sven zurecht, dass Sura auf der Reise nach Deutschland und die 14 Tage dort sonst eingeht, da sie sich an das Rudelleben bereits gewöhnt hat. Er zögerte damals kurz und sagte dann okay, das verstehe er. Hilda schaute zu mir auf und winselte, während sie versuchte an meinem Bein hochzukriechen. Sie hatte Tränen in ihren blauen Augen, so schien es mir. Ihr Blick sagte mir eindringlich, nimm mich mit. Ich musste rational bleiben. Hilda würde die Reise nach Deutschland nicht so leicht überstehen. Sie ist noch zu jung, um das durchmachen zu können was mir bevorstand.
Sie jault und heult, wenn sie alleine gelassen wird, sie versteht sich nicht allzu gut mit Sura und sie ist auf den Lärm in Deutschland mit Fahrrad, Autos usw. nicht sozialisiert. Ich kann keinen zweiten Hund mitbringen, der im ersten Moment eine „Belastung“ darstellt. Der zweite Hund muss harmonisch mit Sura in einer Box liegen können und auch mal mit ihr alleine sein können, ohne dass danach irgendwas oder einer von beiden zerlegt ist. Also entschied ich mich wegen Sura und wegen dem, was mir an seelischer Belastung plus Wohnungssuche und Co. in Deutschland bevorstand gegen Hilda und für Kenai.
Natürlich hätte ich am liebsten alle mitgenommen. Dann hätte Sven allerdings Verdacht geschöpft, dass ich nicht vor hatte zu ihm nach Schweden in 14 Tagen zurückzukehren. Kenai war bereits Suras Partner in der Autobox. Sie harmonierten ohne Probleme miteinander. Man konnte beide auch mal alleine lassen, da weder Sura noch Kenai irgendwas kaputt machen, es sei denn sie haben ein Problem. Und Kenai hatte wie Hilda auch eine sehr enge Bindung zu mir und ich zu ihm.
Der Unterschied bei Kenai war nur, er kannte Deutschland bereits und wurde dort geboren, sozialisiert und heulte und jaulte auch nicht, wenn man ihn alleine ließ. Somit entschied ich mich für Kenai, leinte ihn an, riss mich unter Tränen von Hilda los, sie lief mir noch hinterher unter lauthalsen jaulen, bis ich die Tür hinter mir schloss und mich von meinen Kindern verabschiedete und ihnen versprach, dass ich wiederkommen werde. Da brach mein Herz entzwei. Ich stand bereits vor der Entscheidung, welcher Hund es neben Sura sein sollte unter Schock, da Papa mir davor erzählte was er alles über Sven in Erfahrung gebracht hatte und dass seine Mutter vermisst wird und Sven behauptet hatte gegenüber der Polizei in Deutschland, sie sei hier mit uns in Schweden, was natürlich nicht so war.
Kurz bevor Papa ankam bei mir in Schweden rief er mich an, dass ich meine wichtigsten Dokumente zusammensuchen sollte, dabei entdeckte ich in einer Kiste einen Haufen ungeöffneter Briefe, teilweise auch Geöffnete von der Staatsanwaltschaft, dass Sven wegen Betruges gesucht wird. Dass seine Mutter hierzu vorgeladen wurde und nicht erschienen ist. Als ich diese Beweise fand brach ich zusammen und realisierte, was jetzt alles passieren wird. Mein Traum ist eine Illusion, ich verliere meine Hunde, mein Rudel, mein zu Hause hier in Schweden und mein Traumpartner für den ich alles in Deutschland aufgegeben hatte. Er hatte mich vollständig zu 95% in allen möglichen Dingen belogen und ist nicht der, der er vorgab zu sein.
Nachdem ich in Deutschland war, arbeitete ich, neben meinen hundert Zeugenaussagen bei der Polizei an einer Lösung alle Hunde zurück nach Deutschland zu bekommen. Ich telefonierte mit den Vorbesitzern, mit dem Tierschutz und Züchtern. Ich bat Sven gut auf die Hunde acht zu geben, was er mir versprach. Am Ende tat er das nur bedingt. Nachdem die 14 Tage um waren, drehte er durch. Nach tausenden Nachrichten an mich, auf die ich wegen laufender polizeilicher Ermittlungen nicht antworten durfte, die mich emotional unter Druck setzen sollten, ob mir die Hunde egal sind und dass ich gerade alles aufgebe mit ihm und meine Hunde aufgebe usw. ferchte er die Hunde in seinen roten Land Rover (er schickte mir damals ein Bild) und brachte sie zu anderen Schlittenhundebesitzer und quälte mich weiterhin eine ganze Woche mit der Unwissenheit, ob es ihnen gut geht und wo sie sind.
Erst in der 3. Woche konnte ich mit der Erlaubnis der Polizei nach Schweden zurück, mit dem Ziel meine Hunde und meine Sachen zu holen. Sven hatte bereits die Hunde zu wieder andere Schlittenhundebesitzer in Schweden gebracht und sie an diese überschrieben, so dass ich keine Handhabe mehr hatte, als ich vor Ort war und sie zurückforderte. Nur Hilda bekam ich zurück, da Hildas schwedische Züchterin Linda und meine heutige Freundin, sich für den Rücktransport zu ihr durch mich bei diesen Menschen, an die Sven die Hunde überschrieben hatte einsetzte. Somit konnte ich mein Versprechen gegenüber Hilda halten und sie zu Linda sicher zurückbringen. Bei Linda wurde dann schnell klar, dass Hilda von ihm geschlagen, getreten oder auf anderen Wegen Gewalt erlebt haben muss, da sie nur noch um sich biss und vor allem vor Männern panische Angst zeigte. Das war also Mitte Mai 2018.
Anfang 2019 berichtete Linda mir, dass Hilda kaum noch zu helfen sei, dass sie bereits andere Hunde in ihrem Rudel gebissen hat, ihren Mann und ihren Schwiegervater gebissen hat. Sie habe kaum noch eine andere Wahl als die Tötungsstation, da bei uns Mushern (=Schlittenhundeführern) immer eine Regel über allem steht: Das Rudel und deren Sicherheit geht immer vor. Ich erinnere mich an den Moment damals, als ich sie anflehte nochmal herum zu fragen, vielleicht nimmt sich ja doch jemand ihr noch an und bevor sie den Weg zur Tötungsstation gehen muss, werde ich sie nach Deutschland holen, hatte ich ihr versprochen. Es fand sich eine glückliche Fügung und eine Freundin von Linda, nahm sich Hildas Schicksal an, investierte viel Zeit und Arbeit und gewann Hildas Vertrauen in die Menschen und in ein sicheres Rudelleben zurück. Vor einem Jahr schickte Linda mir dann Bilder von Hilda. Sie läuft heute im Lead, als Leithund und ist resozialisiert. Mir rollten die Tränen vor Dankbarkeit und Erleichterung über die Wangen, als ich die Bilder damals bekam. Cajou & Kacy wurden von Polarhunde in Not, von wo sie einst kamen zurückgeholt und in die Schweiz weiter vermittelt.
Knöpfchen wurde auch von ihrer Züchterin zurückgeholt. Von den anderen Hunden wusste ich bis vor wenigen Tagen nichts, da ich mit diesen Menschen damals im Bösen auseinander gegangen bin, da sie mir aus meiner Sicht die restlichen Hunde genommen haben. Ich war vor kurzem auf ihrer Internetseite und habe bei einem Aufruf von Patenschaften zu ihren Hunden Bilder von meinen Hunden gefunden. Es scheint ihnen gut zu gehen, den Bildern nach zu urteilen. In all der Zeit reagierten sie jedoch nie auf meine Nachrichten, um mir zu sagen, ob es ihnen gut geht. 2019 schrieb mir Polarhunde in Not, 1 Woche vor Svens Verurteilung, dass Cajou aufgrund einer schweren Erkrankung verstorben ist.